Vertriebsmitarbeiter zu Spitzenleistungen führen – eine anspruchsvolle Aufgabe

Von Detlef Persin

Nur ein kleiner Teil der Mitarbeiter schöpft im Geschäftsleben sein volles Leistungspotenzial aus. Dies betrifft gerade den Vertriebsbereich mit seinen hektischen Zeitvorgaben, Verkäufer und Verkaufsmanager gleichermaßen.

Solange es nicht notwendig war, wurden eigene Komfortzonen nicht verlassen! Man kam aus einem Markt, der boomte. Jahr für Jahr wurde nach der Devise gelebt „New Year old Tricks“.

Die Zeiten haben sich geändert, hat sich auch das Verhalten von Vertriebsmitarbeitern verändert?  Ist ein „Mind Changing“ im Vertrieb zu spüren? Viele Mitarbeiter finden– gerade in der heutigen Zeit – für sich selbst und in die Richtung ihrer Vorgesetzten immer neue und scheinbar plausible Vorwände, mit denen sie ihre unterdurchschnittlichen Vertriebsleistungen entschuldigen. Von diesen Vorwänden sind sie mit der Zeit auch immer fester überzeugt: „Meine Kunden haben bereits ihr Budget verplant… Wettbewerb dominiert im Gebiet… wir sind zu teuer“. Die Argumente, um Minderleistungen zu verargumentieren, sind oft kreativer als die Argumente für das eigene Produkt. Kommt Ihnen das bekannt vor?

Ihre Vertriebsmitarbeiter haben das Potenzial, im Rahmen der eigenen Fähigkeiten die persönlichen Leistungen bis zu 20% zu steigern. Die Aufgabe der Führungskraft ist es, dieses latent vorhandene Potenzial bei den Mitarbeitern zu entwickeln. Doch dazu brauchen diese eine in der Praxis anwendbare Führungsmethode.

Im Nachhinein als nicht effektiv haben sich rein ergebnisorientierte Führungstechniken erwiesen, bei denen nur der Erfolg zählt und nicht der Weg zum Ergebnis analysiert wurde. „Umsatzstarke Verkäufer machen alles richtig, folglich machen erfolglose Verkäufer alles falsch.“ Eine scheinbar einfache Formel, um Vertriebsabteilungen zu führen. Ein ergebnisorientiertes, nur auf kurzfristigen Erfolg zählendes Führungsverhalten kann in Zeiten der mündigen Kunden sogar zu einer Gefahr für das Unternehmen werden. Dieses kurzfristige Denken resultiert aus den Jahren schnell wachsender und expandierender Märkte, aus dem reinen Verkäufermarkt der siebziger Jahre.

Die Produkte, Dienstleistungen, deren Hersteller und Lieferanten werden bei sinkenden Margen austauschbarer, dies erhöht den Wettbewerbsdruck von Jahr zu Jahr.

Aber was bedeutet in diesem Kontext eine in der Praxis anwendbare Führungsmethode?

Können wir Anleihen aus dem Prozessmanagement nehmen?
Prozessorientiertes Denken bedeutet in der Mitarbeiterführung, die Zusammenhänge und den Weg zum Ergebnis zu analysieren, nicht nur das Endresultat losgelöst vom Umfeld zu belohnen. Verkäufer, die jedes Jahr ihre Vorgaben übererfüllen, haben wahrscheinlich überdurchschnittlich gute Hard- bzw. Softskills. Aber eben nur wahrscheinlich.

Der Vorgesetzte sollte sich sicher sein, ob „seine besten Pferde im Stall“ auch das größte Vertriebskönnen aufweisen oder ob andere positive Effekte ihren Einfluss ausüben: z.B. mehrere und größere  Stammkunden im Vergleich zu den anderen Kollegen, ungleich verteiltes Interessenten Potenzial, langjährige Gebietsbetreuung mit einem wachsenden Großkunden oder andere beeinflussende Effekte.

In meiner langjährigen Praxis als Vertriebsleiter, später als Trainer und strategischer Berater im Vertrieb habe ich diese Szenarien zu genüge erlebt.

Hochgefeierte Key-Account-Manager, die ein bis zwei große Kunden Vollzeit „pamperten“, hatten plötzlich ein Problem. Ihr Kunde vollzog plötzlich einen Merger oder wurde gekauft. In der Regel bringt dann der größere Partner seine eigenen Lieferanten mit. Wie solche Geschichten ausgehen, können Sie sich sicher vorstellen. Top Key Accounter, die wieder akquirieren mussten. Den Verkäufer trifft keine Schuld, er hat ja so gearbeitet wie immer, und dafür wurde er in der Vergangenheit gelobt und den Kollegen als Vorbild dargestellt. Hätte er seinen Erfolg auf ein festes Fundament gestellt und weitere Kunden aus seinem Gebiet gewonnen oder vorhandene kleinere Kunden aufgebaut, sich nicht nur an seiner jährlichen Übererfüllung des Umsatzes erfreut, hätte er und damit sein Arbeitgeber ein Problem weniger. Führungskräfte im Vertrieb sollten solche Realitäten frühzeitig erkennen.

Manchmal hatten diese Mitarbeiter das Glück und ein anderer Top Kunde wurde durch das Ausscheiden eines Kollegen frei. Dieser konnte übernommen werden und man konnte weiter „verkaufen“ wie gewohnt. Der bisher betreute Kunde wurde dann einfach an einen neuen Kollegen übergeben. Jetzt ist es die Schuld des „Neuen“, wenn der Umsatz des sich in der wechselnden  Betreuung befindlichen Kunden permanent  nach unten geht. „Ja, als der vorherige Kollege noch den Kunden betreute…“ Das hört man in den Fluren und Büros. War der Vorgänger wirklich um so vieles besser, als der neue Kollege?  Hat der Vertriebsleiter nicht auch eine Teilschuld an der Misere? Er hatte nur die Zielerreichung des Mitarbeiters gemessen und nicht analysiert.

»Zuschauer sehen oft mehr als Spieler.« Francis Bacon

Prozessorientierung in der Personalführung fördert und unterstützt  Mitarbeiter im Vertriebsalltag und bei der Verbesserung der individuellen Vertriebsabläufe. Kontinuierlich und nachhaltig! Nicht nur temporär! Vorgesetzte müssen lernen, alle Aufgaben, die nicht unbedingt persönlich erledigt werden müssen, zu delegieren, um Zeit für das Coaching der anvertrauten Mitarbeiter zu haben. Fast alle Aufgaben, nur die Mitarbeiterführung, sollte er unter keinen Umständen jemand anderem überlassen. Nur er kann sich analytisch mit den Arbeitsmethoden seiner Vertriebler auseinandersetzen.

Die einzige Alternative zum persönlichen Coaching und der Analyse der Prozessabläufe im Vertrieb ist der Einsatz eines externen professionellen Coaches. Dieser muss über genug Praxiserfahrung als Vertriebsmanager verfügen, um Vertriebsprozesse  beurteilen zu können und das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen. Es müssen praktikable Vorschläge zur Prozessoptimierung gemacht werden und dadurch die Nachhaltigkeit und der Praxistransfer gewährleistet werden.

Ständige Verbesserung, aber in „Babyschritten“
Was bedeutet das? Allein zur Erhaltung des gegenwärtigen Zustandes bedarf es schon Anstrengung, die Natur zeigt es in der Praxis: Es gibt keinen Stillstand – alles ist in Bewegung. Entweder wir entwickeln uns vorwärts oder rückwärts. Wir befinden uns in einer ständigen Evolution. Warten Sie nicht auf die Revolution – den „Big Bang“ in der Mitarbeiterführung. Wir müssen täglich persönlich um Verbesserung bemüht sein.

Langfristig erfolgreiche Unternehmen bauen das Haus ihres Erfolges nicht nur auf Innovationen von Produkten, sondern auf  kontinuierlicher Verbesserung der Arbeitsabläufe, Produkte und der Qualität der Mitarbeiter auf. Die Aufgabe der Manager ist es, mit dem nötigen Fingerspitzengefühl die Mitarbeiter zu analysieren und bedarfsgerecht zu coachen. Dazu gehört auch „Training on the Job“. Jeder einzelne Mitarbeiter hat individuelles Verbesserungspotential.

Machen Sie ihren Mitarbeitern auch beim Einsatz von CRM-unterstütztem Arbeiten klar, was Sie von ihnen erwarten. Auch Ihre Verkäufer müssen bereit sein sich ständig zu verbessern. Holen Sie, wenn es sein muss, Ihre Mitarbeiter aus den Komfortzonen. Haben Sie den Mut, Verkäufer beim Kunden auszutauschen. Wenn dieses gut geplant ist, bindet es mittelfristig den Kunden mehr an Ihr Unternehmen als an Ihren Verkäufer. Sie sind dann durch die Vertriebsmitarbeiter weniger erpressbar.

Bauen Sie Prüfpunkte in Ihre Prozesse und damit in die Arbeitsweise Ihrer CRM Lösung ein, arbeiten Sie mit Kennziffern, mit KPI (Key Performance Indikatoren). Achten Sie innerhalb Ihrer Prozesse auch auf Folgendes:

  • Haben Ihre Mitarbeiter fest definierte Entscheidungskriterien und entsprechende Handlungsspielräume?
  • Sind bei dem Marktauftritt Ihres Unternehmens entsprechende Vertriebsunterlagen und Hilfsmittel vorhanden?
  • Ist dem Außen- und Innendienst sowie allen mit den Kunden in Berührung kommenden Mitarbeitern die Strategie und Philosophie des Arbeitgebers bekannt?
  • Sind die entsprechenden Mitarbeiter vertrieblich geschult? 
  • Wird  strategisch verkauft, wird zusammen mit der Vertriebsleitung ein Accountplaning und Kundenscreening durchgeführt?
  • Gibt es eine durchgängige, für die Vertriebsleitung jederzeit zugängliche Dokumentation der Kundenaktivitäten?  Können Sie ohne Wissensverlust mit Ihren Kunden und Interessenten arbeiten, wenn der Verkäufer ausfällt? Stichwort CRM-Systeme!
  • Gibt es einen Sales-Funnel (die Relation von Akquise-Anrufen, Nachfolgebesuchen, Angeboten und die Gewinnung von Neukunden).
  • Messen Sie die Neukundengewinnung und richten Sie, wenn Neukundengewinnung für Sie wichtig ist, das Entlohnungssystem Ihres Vertriebes danach aus.
  • Stimmt die innere Hygiene Ihrer Mitarbeiter? Positives Denken und Eigenmotivation sind für Vertriebsmitarbeiter unabdingbar.

Achten Sie bei der Überprüfung und Verbesserung Ihrer Prozesse auch auf Schnittstellen zu den benachbarten Abteilungen, wie Marketing, Engineering, Innendienst, Professional Services.

Wenn Prozesse verbessert werden, werden automatisch bessere Ergebnisse realisiert werden. 

Für die Arbeitsweise von Managern  ist es von fundamentaler Wichtigkeit, sich auf den vorgeschalteten Prozessablauf, das Zustandekommen von Ergebnissen zu konzentrieren und diese zu bewerten. Es ist oftmals nur Feintuning, das durchgeführt werden muss. Wenn wir das Pareto-Prinzip zugrunde legen macht ein durchschnittlicher Mitarbeiter bereits schon 80% seiner Aufgaben richtig. In den fehlenden 20%  befindet sich sein Optimierungspotential.

Wie in einer Partnerschaft kann das Fehlen nur einer Eigenschaft auf Dauer zur Trennung führen. Wenn z.B. bei einem Vertriebsmitarbeiter die Motivation nicht mehr vorhanden ist, werden Sie dies in seinem Ergebnis spüren, auch wenn es nach außen hin für Sie nicht sichtbar ist.

Auf der anderen Seite reichten eine positive Einstellung und starke Motivation nicht aus, um als Verkäufer dauerhaft erfolgreich zu sein. Neben Eigenmotivation und einer positiven Einstellung zum Unternehmen und Produkt braucht er Gewandtheit in der menschlichen Kommunikation, angemessenes Fachwissen sowie eine professionelle Führung durch seinen Vorgesetzten.

Ja zum Auftrag = Qualität * Service * pers. Nutzen / Preis

Nach den Kriterien entscheiden auch Ihre Kunden. Wird nur ein Faktor im Zähler mit Null bewertet, wird der Auftrag nicht erteilt.

Auswahl der Bewertungsparameter in Vertriebsprozess-Ketten

Bewerten und analysieren Sie Ihre Verkäufer im Tagesgeschäft und  stellen Sie dadurch den individuellen Coaching-Bedarf fest: Fleiß, Feedback-Fähigkeit, Erfolgshistorie, Loyalität, Eigenmotivation, Kreativität, Zuverlässigkeit,  Sorgfalt,  Pünktlichkeit, angemessenes Fachwissen, Vertriebswissen, Aktivität, Auftreten, Eigeninitiative .

Durch die Bewertung dieser Kriterien und ein Coaching werden Sie mittelfristig die gewünschte Verhaltensänderung erzielen. Sie werden bei Ihren Mitarbeitern die Arbeitsweise im Prozess verbessern.

Hinterfragen Sie kontinuierlich Ihre Arbeits- und Organisationsabläufe.

Stellen Sie lieb gewonnene Gewohnheiten und Rituale auf den Prüfstand. Was gestern sinnvoll war, muss es heute nicht mehr sein.  Die Visionäre der Vergangenheit können die Verhinderer der Gegenwart werden. Treiben Sie Veränderungen nicht mit Ihrer Macht voran, nutzen Sie vielmehr Ihren Einfluss – aber den müssen Sie bei Ihren Mitarbeitern täglich neu gewinnen.

Es kommt nicht unbedingt darauf an, Organisationsabläufe komplett neu zu gestalten. Zu viele Umorganisationen im Unternehmen verunsichern die Mitarbeiter. Deshalb gehen Sie Veränderungen mit Fingerspitzengefühl an.

»Macht wird verliehen, Einfluss errungen.«

Realisieren Sie erst einmal kleine Verbesserungen! Die sind schneller zu etablieren und werden von Ihren Mitarbeitern leichter akzeptiert. Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter in das Designen neuer Arbeitsprozesse ein.  Hören Sie Ihnen zu.

Veränderungen erfordern aber auch ein gewisses Maß an Risiken. Neue Wege zu beschreiten birgt auch die Gefahr von Fehlschlägen. Aber ohne Fehlschläge gibt es nun mal keine Veränderung.

Deshalb rechnen Sie mit Fehlschlägen, aber halten Sie diese gleichzeitig im angemessenen Rahmen. Der zu erwartende Vorteil darf nicht kleiner als das Risiko sein.

Rechnen Sie mit den Einwänden Ihrer Mitarbeiter

„Das geht so nicht.“

„Das haben wir noch nie so gemacht.“

Im Veränderungsprozess zu leben bedeutet für die Mitarbeiter:

  • permanente Selbstüberprüfung und die Kontrolle der althergebrachten Ab-läufe
  • zu den eigenen Stärken und Schwächen zu stehen
  • das Risiko, Neues auszuprobieren
  • sich durch  Fehler nicht entmutigen zu lassen.

Alle aktiven und extrovertierten Menschen produzieren Fehler. Motivieren Sie Ihre Mitarbeiter, Fehler offen zuzugeben, sie zu analysieren und daraus zu lernen. Ein Fehler wird erst zum Fehler, wenn er ein zweites Mal gemacht wird.

In einer offenen Firmenkultur werden Fehler nicht generell bestraft. Dadurch entwickelt sich eine positive Atmosphäre der Tatkraft und Stolz auf das eigene Unternehmen. Wird jeder Fehler aber bestraft, dann wird das Klima vergiftet. Der Lüge und dem „Fingerpointing“ werden Vorschub geleistet. Jeder Mitarbeiter wird seine Arbeit danach ausrichten, keine Fehler zuzugeben, um keine Strafe zu erhalten. Die Kreativität, die erfolgreichen Unternehmen oftmals den Wettbewerbsvorsprung gibt, geht bei immer vergleichbareren Produkten verloren.

Sie haben es als Führungskraft in der Hand, wie sich Ihre Mitarbeiter entwickeln.

Nutzen Sie dieses latente Potenzial!

Detlef Persin
Lange Jahre Vertriebsleiter und Geschäftsführungsmitglied im Mittelstand und DAX 30, heute Berater, DISG-Trainer und Coach DP@naos-office.de