Von Katharina Büttner
Eine Studie untersucht Ansätze zum Thema „Steigerung der Wertschöpfung im B2B-Vertrieb von Automobilzulieferern“ und bringt noch ungenutzte Potentiale ans Licht.
Aufstrebende Länder wie die BRIC-Staaten wandeln sich von reinen Produktionsstandorten hin zu wichtigen Forschungs- und Absatzzentren. Die Komplexität der technologischen Innovationen verlangt eine verstärkte partnerschaftliche Zusammenarbeit bei Forschung und Entwicklung. Ursprüngliche Teilefertiger entwickeln sich zu Systemanbietern und Entwicklungsdienstleistern.
Was bedeutet das für den Vertrieb?
Nachdem Produktion und Logistik umfassend optimiert wurden, rücken nun die Abläufe der Vertriebsorganisation in den Vordergrund – und damit der Kunde in den Mittelpunkt des Unternehmens. Durch seine Kundennähe verfügt der Vertrieb über Markt- und Wettbewerbsinformationen aus erster Hand. Allerdings darf er sich dabei nicht wie bisher auf die Rolle des „Briefträgers von Kundenanforderungen“ reduzieren, sondern muss aktiv statt reaktiv handeln, so dass wichtige Informationen frühzeitig an die richtigen Stellen im eigenen Haus gelangen und so die Planung unterstützen und die Prognose-Genauigkeit verbessern.
Das bringt die Studie „Trend Monitor 2012 – Steigerung der Wertschöpfung im B2B-Vertrieb von Automobilzulieferern“ der MBtech Consulting GmbH in Zusammenarbeit mit dem Institut für Technologie- und Prozessmanagement (ITOP) der Universität Ulm ans Licht. 60 Geschäftsführer und Entscheider von Großkonzernen sowie mittleren Zulieferern (Tier-1 und -2) im deutschsprachigen Raum wurden in 90-minütigen Einzelgesprächen von Mai bis November 2011 befragt. Eine zusätzliche Online-Umfrage bekräftigte die Ergebnisse. Beleuchtet wurden die Themen Positionierung, Trend-Scouting, Organisation und Vertriebsprozesse.
Der Vertrieb hat bei der Trenderkennung die Hand am Puls des Marktes
Obgleich Wettbewerbsbeobachtung und Ermittlung zukünftiger Kundenbedarfe für mehr als 30 Prozent der Befragten zu den Kernaufgaben des Vertriebs gehören, werden diese bisher in der Praxis kaum wahrgenommen. Derzeit nimmt der Vertrieb vorwiegend kurzfristige Kundenbedarfe auf – und reagiert darauf. Besser würde er beständig zukünftige Trends anhand von Frühindikatoren erkennen und deuten, somit kämen Innovationsimpulse nicht mehr vorwiegend aus marktfernen FuE-Schubladen.
Um einen Technologievorsprung zu erzielen, sollten Vertrieb und Entwicklung – Marktnähe und eigene Innovationskraft – gezielt miteinander verzahnt werden. Auch und gerade aus vertrieblicher Sicht ist es attraktiv, sich möglichst früh in den Entwicklungsprozess beim Kunden einzugraben.
Keine spezifischen Analysen im Vertrieb
Erschreckend: Laut der Studie führt ein Drittel der Unternehmen keine spezifischen Kundenanalysen durch! Oft wird Ursachenforschung nur bei verlorenen Aufträgen betrieben, selten aber werden die Gründe für gewonnene Geschäfte gemeinsam mit dem Vertrieb hinterfragt.
»Innovative Unternehmen nutzen den Vertrieb als aktive Schnittstelle zwischen Markt- bzw. Kundenan-forderungen und der internen Entwicklungsabteilung.«
Sven Buley
Künftiges Anforderungsprofil
Von Mitarbeitern im Kundenkontakt wird man künftig nicht nur technische Kompetenz, sondern verstärkt auch kaufmännischen Verstand verlangen. Künftig werden den Einkaufsgremien zunehmend Verkaufsgremien begegnen, Kompetenzteams, die sich auf beratenden Verkauf verstehen. Jedoch ist dieser Wandel nur möglich, wenn es hierfür die notwendigen Freiräume gibt. Aktuell gehören Verwaltungsaufgaben bei über 60 Prozent der Unternehmen zur Hauptlast des Vertriebs – Administratives überlagert Kundenbetreuung und Akquise.
Der Vertrieb gewinnt künftig wohl auch stärker die Hoheit über die Exklusivität der Schnittstelle in der Kundenkommunikation zurück, um konfliktträchtige Parallel-Kommunikation verschiedener Abteilungen des Unternehmens mit dem Kunden zu vermeiden.
Vertriebsprozesse
Kundenbindung erfolgt heute oft nach dem Gießkannen-Prinzip. Kunden müssen jedoch nach bestimmten Merkmalen segmentiert werden, um sie anhand ihrer individuellen Bedürfnisse angemessen betreuen zu können – dieses Raster muss definiert und gelebt werden!
Ein ausgearbeitetes CRM-Konzept wird künftig unumgänglich. Vor allem kann es die Verwaltungslast senken – drei Viertel derer, die CRM bereits anwenden, sind davon begeistert. Gut jeder fünfte Studienteilnehmer beabsichtigt in den nächsten Jahren eine CRM-Einführung. Jedoch haben auch 38 Prozent kein Interesse an diesem Thema – zeitgemäßer Kundenorientierung.
Empfehlungen der Studie
- In strategische Entscheidungen muss der Vertrieb deutlich stärker integriert werden.
- Kunden- und Produktverantwortung sollen eng verzahnt im Vertrieb eingebunden werden.
- Technische u. kaufmännische Kompetenz der Vertriebsmitarbeiter sind der Hauptfaktor für Erfolg.
- Für die Bewältigung der anstehenden Innovationen sind Kooperation und Vernetzung unabdingbar.
- Eine differenzierte Steuerung der Vertriebsaktivitäten ist hinsichtlich der steigenden Komplexität des vertrieblichen Handelns unerlässlich.
- Die Ausrichtung der Vertriebsorganisation wird bestimmt von kundenspezifischen Bedürfnissen.
- Die Einführung und Anwendung eines maßgeschneiderten CRM-Systems dient effizientem Schnittstellenmanagement und optimaler Prozesssteuerung.
Die vollständige Studie ist unter www.mbtech-group.com zu finden.
Katharina Büttner
(* 1974) war zwölf Jahre im Controlling von Maschinenbauern und Automobilzulieferern, ehe die Betriebswirtin 2012 zu Emnis kam. kb@emnis.de